Predigt über 1. Korinther 11,17-26,
Gründonnerstag, 17. April 2025, Christuskirche
Rom

Liebe Schwestern und Brüder,
die Gesellschaft ist gespalten. Heißt es. In vielen
Bereichen sei es sichtbar, da verliefen
unterschiedliche Linien. Nicht nur zwischen arm und
reich, gebildet und weniger gebildet, in Corona war es
geimpft oder ungeimpft, links oder rechts, Alte und
Junge, Waffenlieferungen oder keine
Waffenlieferungen und natürlich auch in ganz vielen
Bereichen dazwischen. Vielleicht war sie das schon
immer, aber in Zeiten von Echokammern und Social
Media wird es nicht leichter, Einheit zu finden.
Der Blick am heutigen Abend richtet sich mit Paulus
nach Korinth. An die Gemeinde dort schreibt er in den
50er Jahren nach Christus einen Brief. In ihm kritisiert
er genau das, was wir manchmal auch in der Kirche,
auch in Gemeinden erleben: Spaltungen. Aber nicht
nur Spaltungen über politische Ansichten oder
religiöse Einstellungen, darüber wie das diakonische
Profil oder die Kirchenmusik der Gemeinde aussehen

soll, nein, er sieht Spaltungen an einer zentralen
Stelle. Hören wir in seinen Brief, im 11. Kapitel:
Dies aber gebiete ich euch: Ich kann’s nicht loben,
dass ihr nicht zum Besseren, sondern zum
Schlechteren zusammenkommt.  18 Zum Ersten höre
ich: Wenn ihr in der Gemeinde zusammenkommt,
sind Spaltungen unter euch; und zum Teil glaube
ich’s.  19 Denn es müssen ja Spaltungen unter euch
sein, auf dass die unter euch offenbar werden, die
bewährt sind.  20 Wenn ihr nun zusammenkommt, so
hält man da nicht das Abendmahl des Herrn.  21 Denn
ein jeder nimmt beim Essen sein eigenes Mahl
vorweg, und der eine ist hungrig, der andere ist
betrunken.  22 Habt ihr denn nicht Häuser, wo ihr essen
und trinken könnt? Oder verachtet ihr die Gemeinde
Gottes und beschämt die, die nichts haben? Was soll
ich euch sagen? Soll ich euch loben? Hierin lobe ich
euch nicht.
23 Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich
euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der
Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot,  24 dankte
und brach’s und sprach: Das ist mein Leib für
euch; das tut zu meinem Gedächtnis.  25 Desgleichen
nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach:

Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das
tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem
Gedächtnis.  26 Denn sooft ihr von diesem Brot esst und
von dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des
Herrn, bis er kommt.
Paulus sieht Spaltungen an einem zentralen Punkt,
wenn nicht bei dem Zentralsten: beim Abendmahl. Die
Gemeinde kommt zusammen, ohne wirklich
Gemeinschaft zu sein. Da gibt es die, die sich schon
vor der Versammlung treffen, um ausgiebig zu essen
und zu trinken und dann betrunken auftauchen. Und
es gibt die, die in der immer gleichen
Tischgemeinschaft zusammensitzen, mit den immer
gleichen Leuten aus der gleichen sozialen Sphäre.
Eigentlich war es doch so gedacht: Man trifft sich ein-,
bis mehrmals die Woche, jeder bringt etwas zu Essen
mit und es gibt ein gemeinsames Mahl. Bring and
Share in Korinth sozusagen. Aber zu Paulus
Leidwesen tauchen die einen schon satt auf und die
anderen bringen aus ihrem Überfluss mit und
beschämen die, die es sich nicht leisten können, mit
fetten Speisen und Gaben aufzutrumpfen. Das ist
nicht gut, aber das ist nicht das eigentliche Problem:
Paulus geht hier der Kern verloren.

Es geht nicht nur um eine fröhliche Agape, ein
Gemeinschaft stiftendes Essen, wie wir es beim
Osterfrühstück oder beim offenen Pfarrhaus im
Sommer erleben können. Es geht um das
Eingemachte: Ich gebe weiter, was ich vom Herrn
empfangen habe, schreibt er. Und dann zitiert er jene
Worte, die wir nachher, bei der Einsetzung des
Heiligen Abendmahls wieder hören werden:
Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward,
nahm er das Brot,  24 dankte und brach’s und sprach:
Das ist mein Leib für euch; das tut zu meinem
Gedächtnis.  25 Desgleichen nahm er auch den Kelch
nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue
Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt,
zu meinem Gedächtnis. Darum geht es. Um
Vergegenwärtigung dessen, was Jesus einst mit
seinen Freunden begründet hat.
Wenn wir heute am Gründonnerstag
zusammenkommen, dann weil wir das feiern: Dass
Jesus sich selbst geschenkt hat. Und jedes Mal, wenn
wir Abendmahl feiern, haben wir Teil an ihm. An ihm
selbst. Er schenkt sich uns in Brot und Wein.
Diese Verbindung mit ihm, die in unserer Taufe
gegründet ist, die wird konkret. Die erfährt Stärkung.

Das ist zentral für unseren Glauben, das steht schon
für Paulus außer Frage. Wir tun es zu Jesu
Gedächtnis, weil er selbst es uns aufgetragen hat.
Durch das Teilen von Brot und Wein, dem einen Brot
und dem einen Kelch gründet und besiegelt er selbst
Gemeinschaft mit uns. Verbindet sich aufs Neue mit
uns. Stärkt uns im Tod und Leben. Das ist zentral. Aus
dieser Feier lebt die Kirche, lebt unser Glaube. Das
muss im Mittelpunkt stehen. Bei allen Unterschieden,
wie jeder persönlich seinen Glauben lebt und seinen
Weg mit Gott geht. Bei aller Verschiedenheit, wie nah
wir uns gerade Gott fühlen oder nicht. Wie wir unser
Leben leben und auf diese Welt blicken.
Als Christen haben wir Jesus in der Mitte. So wird aus
vielen Körnern ein Brot bereitet und aus vielen
Trauben der eine Wein gekeltert, an dem wir Anteil
erhalten. Und wenn wir heute Abend die Stiftung
dieses heiligen Zeichens, diese Sakramentes feiern,
dann verbindet uns das mit dem, was wir in den
Lesungen gehört haben. Mit unseren jüdischen
Geschwistern, die auch in aller Verschiedenheit ihr
Passa feiern. Auf der Schwelle. Gegürtet. Das Passa
des Herrn. Dass ihnen Kraft geben wird für den
Aufbruch ins Neue. Hin zum gelobten Land.

Das Abendmahl, das wir feiern, lässt auch uns
aufbrechen. Aufbruch ist doch immer Aufbruch zu
unserem Nächsten. Zu dem, der mit mir lebt und
glaubt. Im Evangelium haben wir von diesem
unüberbietbaren Dienst am Nächsten gehört: Jesus
steht auf vom Mahl und wäscht seinen Freunden die
Füßen. Macht sich ganz klein, um seinen Nächsten
groß zu machen. Diese Feier lässt auch uns
aufstehen. Sie befreit uns von der Engstirnigkeit, führt
uns hinaus aus dem Kreisen um uns selbst, bringt uns
hin zu unserem Nächsten mit seinen Nöten.
Abendmahl feiern hat Konsequenzen für unser Leben.
Wer vom Tisch des Herrn weiterzieht, gibt die Liebe
weiter, die er empfangen hat.
Liebe Gemeinde, in dieser Feier ist das große
Geheimnis dieser Festtage enthalten. Tod und Leben.
Abschied und Aufbruch. Vergewisserung und
Stärkung. Wegzehrung auf dem Weg des Lebens hin
zu Gott. Zu dick aufgetragen? Zu viel? Nun, drunter
geht’s nicht. Weil Gott selbst es drunter nicht macht.
Und uns mit hineinnimmt. Und wir versammeln uns im
Halbkreis, der offen ist für ihn. Er schließt den Kreis.
Wir brechen das Brot und empfangen es. Wir nehmen
den Kelch und empfangen ihn. Keiner gibt es sich
selbst. Wir alle sind Empfangende. Wir alle erhalten

den Zuspruch. Christi Leib für dich gegeben. Christi
Blut für dich vergossen. Vielleicht ist das dann so ein
Moment, wo alle Spaltungen überwunden sind.
Zumindest für den Moment. Zumindest hier an diesem
Ort. Amen.

Gründonnerstag – Pfr. Patrick Spitzenberger