Matthäus 2, 1-12

Es war dunkel an jenem Abend. Stockdunkel. So dunkel, wie es nur sein kann, wenn man weit weg von der Stadt ist. Ohne Lichtverschmutzung. Wir hatten das große Teleskop in die Mitte gestellt, die Jugendlichen freuten sich schon den ganzen Tag auf die versprochene Sternenshow, den Blick ins Weltall, fachkundig angeleitet von Andreas.

Aber an diesem Abend: Da sahen sie nichts. Zu bewölkt, einzelne ganz kleine Sterne, mit viel Vorstellungskraft vielleicht erkennbar, aber ansonsten nichts. Schade für die Gruppe, die Stimmung wurde durch heißen Tee und Kekse dann Gott sei Dank trotzdem wieder gut.

Dunkel war es auch an jenen Abenden, als die Magier in den Himmel blickten. Die Gelehrten ihrer Zeit, gebildete Männer, die Wissenschaftselite. Ihr Auftrag: Die Werke der Natur zu erforschen, um zur Erkenntnis der Wahrheit zu gelangen. Astronomen, die genaue Beobachtung der Planeten hatten sie studiert. Dieser geistigen Elite geht ein Stern auf. Im Alten Orient ein bedeutendes Zeichen. Ein heller, aufgehender Stern zeigt die Geburt eines neuen Herrschers an. Machtwechsel. Liegt Revolution in der Luft? Also los, denn der Stern ist im Aufgang, sie haben ihn entdeckt und so ziehen sie erst einmal dorthin, wo Herrschaft vermutet wird: Nach Jerusalem. Hier finden sie einen Herrscher. Aber einen anderen: Herodes klammert sich an seinen Sessel, hat Angst vor der Botschaft der Gelehrten. Vor den Konsequenzen.

Ein neuer König. Damals und heute beharren Despoten auf ihren Positionen. Klammern sich an ihre Throne, bis es fast nicht mehr geht, bis Foltergefängnisse überfüllt sind und ein anderer Despot mit dem Flugzeug kommen muss, um dem bösen Kollegen zu helfen. Ja, geht ihr mal forschen und dann will auch ich huldigen. Die Erzählung verrät uns seine eigentlichen Absichten.

Kein Huldigen, keine Demut. Eiskalte Mordfantasien, die er im Übrigen in den folgenden Kapiteln dann auch umsetzt. Als Kindermörder von Bethlehem wird Herodes in die Geschichte eingehen. Und im gesamten Matthäusevangelium bleibt dieser Tenor: Machtansprüche werden in Frage gestellt.

Jesus liegt quer zu allen Herrschaftsansprüchen seiner Zeit, aller Zeiten und Welten. Im aufgehenden Stern wird dies bereits grundgelegt.

Die Gelehrten lassen sich jedoch nicht beeindrucken, sie, die Ausländer, folgen dem aufgehenden Licht. Und sie finden. Und können nicht anders als niederzufallen und anzubeten. Offen sind sie und das ermöglicht ihnen das Finden des neuen Herrschers. Dort in der Krippe. Ganz anders als im Palast. Sie folgen nicht ihrem eigenen Stern und versuchen, ihn möglichst hell scheinen zu lassen. Sie folgen dem, der ihnen aufgegangen ist.

Unklar, wo sie das hinführt. Aber mit der festen Hoffnung im Herzen, dass sie finden werden, wonach ihr Herz sucht. Sie lassen sich leiten. Und am Ziel wartet große Freude. Herodes und die Sterndeuter. Diesen Dualismus, diese unterschiedliche Art, dem geoffenbartem Christus zu begegnen, stellt uns die Geschichte vor Augen. Der Retter erscheint vor der Welt – und die Welt hat schon immer höchst ambivalent reagiert. „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ (Joh 1,11)

Feindliche, offene Ablehnung erfahren Christen in vielen Ländern bis heute, zählen sie heute gar wieder zur meist verfolgten Religion weltweit. Auch wenn davon oft wenig in den Nachrichten zu hören ist. Da ist ein spöttisches Desinteresse, wie es uns in unseren Breiten begegnet, noch angenehm.

Oder freundliches Desinteresse, wie es die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung für Deutschland beschreibt. Aber es gab und gibt sie auch schon immer: Die Sucher. Die Offenen. Die im Leben von Gott noch etwas erwarten. Die einen Platz in sich offenlassen für ihn. Sein Für sein Wirken. Sein Erscheinen. Denn „Gottes Spuren in der Welt sind eben nicht nur wunderlich, sondern zutiefst geschichtlich“ und darum gilt es auch heute den Stern zu finden, „der in unserer Welt auf das göttliche Licht hinweist.“ (August Strobel, Theologe)

Welche Macht, welcher Stern steht über meinem Leben. Wer leitet mein Handeln? Wenn am heutigen Festtag das Kind in der Krippe aller Welt offenbart wird, dann doch auch mir. Worauf setze ich mein Vertrauen? Was ist mein Fixstern? Die Weihnachtszeit konfrontiert uns immer neu mit dieser Frage.

Und will auch mich in Bewegung setzen, so wie die Gelehrten einst. Sie hatten den Mut einem neuen aufgehenden Stern zu folgen und fanden das Kind und dort große Freude. Das Kind verspricht auch uns diese Freude. Ihm zu folgen, ruft es uns auf. Und vielleicht ist es ja wie mit einem Stern.

Da gibt es Zeiten, da sehe ich ihn klar und leuchtend am Himmel meines Lebens. Dann gibt es Zeiten, da tritt er in den Hintergrund, weil mich so vieles einnimmt, weil andere Lichter heller strahlen. Und auch Zeiten, wie am Tag. Da ist es so hell, da sehe ich meinen Stern gar nicht mehr. Aber auch dann ist er da, das lehrt uns die Astronomie.

Dem Kind in der Krippe zu folgen, wird Leben verändern. Weil mein um mich selbst kreisen ein Ende nimmt. Weil ich, wenn ich auf Christus schaue, von ihm immer neu ausgerichtet werde. So wird mein Rückweg ein anderer. Diese Erfahrung machten die Gelehrten. Nachdem sie dem neugeborenen Kind huldigten, zogen sie verändert weiter. Und die Botschaft des Kindes verbreitete sich im ganzen Land und darüber hinaus, weil so viele Menschen, sich von seinem Stern leiten ließen. Bis heute.

Vielleicht bedarf es manchmal Geduld und Mut, Gottes Stern im Leben zu finden. Ich habe eben den Theologen August Strobel zitiert, er ruft seine Leser dazu auf, Gottes Spuren in dieser Welt zu finden, da diese nicht nur „wunderlich, sondern zutiefst geschichtlich“ seien. Das hieße dann, Gott hinterlässt eine Spur auch in meinem Leben. Hinterlässt einen Stern, „der in unserer Welt auf das göttliche Licht hinweist.“

Vielleicht ist ja das die eigentliche Herausforderung, wenn diese Festtage nun enden. Die Weihnachtszeit mitzunehmen. Das Fest heuet als Aufbruch in meinen Alltag zu begreifen, in Beruf, Universität, Leben hinein. Und an unserem jeweiligen Ort Ausschau nach dem Stern zu halten.

Und wenn wir dann am 2. Februar Lichtmess feiern und die Weihnachtszeit mit dem Anzünden von Kerzen endgültig abschließen, dann habe ich vielleicht schon eine Lichtspur entdecken können. In meinem Leben. In dieser Stadt. Vielleicht sind ja in diesem katholischen Jubeljahr viele Schwestern und Brüder unterwegs, die das auch tun. Die nicht aus touristischen Zwecken in diese wunderbare Stadt reisen, sondern weil sie auf der Suche sind. Weil ihnen ein Stern aufgegangen ist.

Weil dieser Stern nicht nur gebildeten Männern aus dem Osten aufgeht, sondern allen Menschen guten Willens.

Es war dunkel an jenem Abend. Stockdunkel. So dunkel, wie es nur sein kann, wenn man weit weg von der Stadt ist. Ohne Lichtverschmutzung. Wir hatten das große Teleskop in die Mitte gestellt, die Jugendlichen freuten sich schon den ganzen Tag auf die versprochene Sternenshow, den Blick ins Weltall, fachkundig angeleitet von Andreas. Im folgenden Jahr war es ganz anders: Der Himmel schien offen zu sein, die Jugendlichen konnten unzählige Sterne entdecken. Schwer waren sie vom Teleskop wieder zu trennen. Nicht einmal durch Tee und Kekse.

Der Himmel stand offen. Sterne leuchteten. Und ich hoffte, dass sie diese Erfahrung nicht nur an jenem Abend machten, sondern das Gottes Licht ihre Wege begleitet. Sein heller Stern gerade dann leuchtet, wenn es um sie herum dunkel ist. Mein Wunsch für sie. Mein Wunsch für uns. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Epiphanias – Pfr. Spitzenberger